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Taktiktafel: Kaiserslautern (A)

Der Trainer…

…  ist der direkte Vorgänger von Damir Canadi. Boris Schommers steht seit nunmehr fünf Pflichtspielen an der Seitenlinie beim 1. FC Kaiserslautern. Er übernahm am Betzenberg, nachdem Sascha Hildmann nach einem 1:6 beim SV Meppen am 8. Spieltag von seinen Aufgaben entbunden wurde. Schommers ist seit 2016 der sechste Cheftrainer in der Pfalz, für ihn ist es – strenggenommen – der erste Posten als Cheftrainer im Profibereich. Beim Club agierte der 40-Jährige bis zum Schluss offiziell als Interimstrainer.

Freilich war Schommers in Nürnberg 138 Tage lang hauptverantwortlich und damit länger als manch hauptamtlicher Cheftrainer, so war Valerien Ismael zum Beispiel nur 132 Tage Chefcoach. In dieser Zeit erarbeitete sich der gebürtige Leverkusener einen Ruf als defensiver Stabilisator, der die Abwehr sattelfester machte und unter dessen Leitung weder Bayern München noch Borussia Dortmund als Sieger gegen den FCN vom Platz ging. Schon zuvor war Schommers in seiner Funktion als Co-Trainer vor allem für die Defensive zuständig gewesen, so dass es durchaus logisch erschien, dass er mit Lautern bei einem Verein anheuerte, der gerade in der Defensive Probleme hatte.

Die Grundordnung…

…  oszillierte in den letzten Wochen in Sachen Formation zwischen 4-1-4-1 und einem flachen 4-4-2, also letztlich auch genau jenen beiden Formationen, mit denen Schommers in Nürnberg versuchte den Abstieg zu verhindern. Am vergangenen Sonntag setzte Schommers sechzig Minuten auf ein 4-2-3-1, allerdings auch ohne durchschlagenden Erfolg, so dass in der letzten halben Stunde wieder flaches 4-4-2 angesagt war. Mit dem Fokus auf diese Formationen setzt damit genau fort, wie Sascha Hildmann auch die Mannschaft auflaufen ließ. Auch das eine Fortsetzung der Situation in Nürnberg, wo zuvor schon Michael Köllner meist mit diesen Grundformationen operiert hatte.

Dennoch hat Schommers die Herangehensweise angepasst. Der durchschnittliche Ballbesitz ist im Vergleich zur Zeit unter Sascha Hildmann von 50 Prozent auf 57 Prozent gestiegen, man hält den Ball also deutlich länger in den eigenen Reihen, spielt im Schnittfast 110 Pässe pro Spiel mehr als unter dem Ex-Coach, senkte den Anteil langer Bälle von 14 Prozent auf 11 Prozent  und erhöhte den Pressingdruck von 11,3 gegnerischen Pässen pro eigener Defensivaktion auf einen PPDA-Wert von 9,1.

Die Idee ist also den Ball länger in den eigenen Reihen zu halten, durch gezieltes und geduldiges Positionsspiel in Abschlusssituationen zu kommen und dann zuzuschlagen. Gerade beim Zuschlagen hat Lautern aber noch Probleme. Seit einem 5:3-Sieg in Zwickau hat Lautern nur gegen das mit zwei Punkten aus 13 Spielen abgeschlagene Schlusslicht Carl Zeiss Jena mehr als einen Treffer erzielt.

Die letzten Spiele…

…  waren mit Ausnahme jenes Spiels gegen Jena allesamt nicht von Erfolg gekrönt. In Chemnitz, München und Duisburg setzte es 3:1-Niederlagen, zu Hause gegen Magdeburg spielten die Roten Teufel 1:1. Bei der Betrachtung von Lautern stechen vor allem zwei Dinge in der Defensive hervor. Der reine Gegentorschnitt ist mit über zwei Gegentoren pro Partie schon hoch.

Gleichzeitig kassierten die Pfälzer im Laufe der Saison die meisten Elfmetergegentore (sechs) in Liga Drei und die viertmeisten Kopfballgegentore (ebenfalls fünf). Vor allem Letzteres verfestigt sich bei der Betrachtung der Spiele und der Werte der Roten Teufel. Erst ein eigenes Kopfballtor steht zu Buche. Kaiserslautern gewinnt auf den ganzen Platz verteilt nur 41,5% seiner Luftduelle und aus der Viererkette hat kein Spieler mehr als 47,3% der Zweikämpfe in der Luft gewonnen.

Zum Vergleich beim Club kommen mit Erras (62,%%) Sorg (60%) und Margreitter (60%) drei Viererkettenspieler weit über diesen Wert und auch Geis und Valentini gewinnen mehr als die Hälfte ihrer Luftzweikämpfe. Diese Schwäche dürfte der Club bei den offensiven Standards also mit Sicherheit anzugreifen versuchen.

Eine statistische Anomalie hat der Drittligist auch aufzubieten. Gerechnet auf die Spielzeit hat Lautern die drittmeisten Ballkontakte im Strafraum (17 pro 90 Minuten), liegt bei den Schüssen (11,5 pro 90 Minuten) aber nur auf Platz 14. Dies deckt sich mit den Eindrücken aus den Spielen, wo Lautern oft Probleme hat, Angriffe sinnvoll abzuschließen.

Der Schlüsselspieler …

… hat fast die Hälfte aller Lauterer Tore erzielt. Dabei agiert Florian Pick, egal wie die Formation aussieht, nicht als Stürmer, sondern gibt den linken Part meist in der Viererreihe im Mittelfeld – nur am Sonntag in Chemnitz spielte Pick zentral. Dennoch steht das Lauterer Eigengewächs bei neun Saisontreffern und damit ligaweit auf Platz zwei in der Torschützenliste. Das hängt auch damit zusammen, dass ungefähr jeder zweite von Picks Schüssen aufs Tor kommt und ungefähr jeder dritte im Tor landet.

Der 24-Jährige hat dementsprechend auch im Schnitt mehr als doppelt so viele gelungene Offensivaktionen pro 90 Minuten (9,04) wie der nächste Lauterer in der Liste (Angreifer Christian Kühlwetter, 4,1). Daraus lässt sich bereits schließen, dass Pick nicht allein durch Torschüsse glänzt, sondern auch am Spielaufbau beteiligt ist. Er ist der Offensivspieler mit der besten Passquote bei Vorwärtspässen (78,4%), Pässen im Angriffsdrittel (78,2%) und den meisten Dribblings (11,5/90 Minuten).

Der Artikel erschien in leicht veränderter Fassung am 30. Oktober 2019 unter dem Titel „Angriffe ohne Sinne“ im Nürnberger Stadtanzeiger, dem gemeinsamen Lokalteil von Nürnberger Nachrichten und Nürnberger Zeitung, auf Seite 30.

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